Kirchentag ist revolutionär. Er hat ein Herz, so groß wie das von Pirat:innen. Denn er lässt sich kapern von Gott und von den Menschen. Er lässt sich kapern von Leuten, die sagen: „Wir wollen noch was! Wir haben noch Ideen und Hoffnung für die Welt. Lasst uns darüber debattieren!“ – und er kapert auch mein Herz. Er verschafft dir unerwartete Begegnungen für Herz und Verstand. Er ist Party, Gemeinschaft, Erkenntnis.
Herzblut und Engagement
Als ich meine Stelle als neue Generalsekretärin des Kirchentages angetreten habe, haben manche meiner Freund:innen gesagt: „Wieso machst du das!? Kirchentag, da triffst du doch immer nur ein- und dieselben. Das ist alles sowas von erwartbar, was da läuft. Jeder kennt jeden und am Ende fahren alle nach Hause und feiern, dass sie sich mal wieder getroffen haben.“ Hm, habe ich gedacht. Kann sein, dass Kirchentag auch das ist. Eine Bubble, wo jeder jeden kennt. Aber Kirchentag geht auch an die Ränder. Er schickt Schiffe dorthin, wo es brennt. Er macht Gott groß. Das ist seine Stärke: Herzblut und Engagement – nicht nur von denen, die ihn wuppen, sondern auch von denen, die ihn nutzen, um Gott wieder groß zu machen in der Welt.
Heilsame Unterbrechung
Die Sternstunden eines Kirchentages waren für mich niemals vorher absehbar. Es waren die unerwarteten Begegnungen: Wenn du plötzlich einem gegenübersitzt, der eine vollkommen andere Meinung hat und diese vor dir ausbreitet, ohne dass dich das verletzt und bedrückt – das war für mich immer ein Geschenk. Eine heilsame Unterbrechung. Kirchentag bringt Gott ins Spiel und er spielt mit dem Unverfügbaren. Er verschafft unerwartete Erkenntnisse, Begegnungen und den Segen im Lichtermeer.
Er bringt Leute an einem Tisch zusammen, die sich sonst nie im Leben getroffen hätten. Menschen aus den unterschiedlichsten Milieus und mit verschiedensten Perspektiven. Er rechnet mit Gott, der uns vollendet. Mit einem Gott, der uns zusammendenken und zusammenlieben kann aller Verschiedenheit zum Trotz und weil das so ist, glaube ich, können wir auch mal im Dissens auseinandergehen; im Wissen um unsere verschiedenen Positionen. Es muss nicht alles einhellig sein. Es dürfen Dinge auch offen bleiben unter uns.
Zeit für Fragen
Kirchentag, das ist für mich Offenheit und Himmel. Ich habe keinen Bock, den politisch Verantwortlichen das Hausaufgabenheft vollzuschreiben und ihnen zu sagen, was sie morgen endlich mal tun sollten. Aber ich will mit ihnen auf die Suche gehen nach Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit: Was gibt mir Halt? Was gibt uns im Angesicht der Kriege Sicherheit? Wie gehen wir miteinander mit der Tatsache um, dass wir alle nicht ohne Liebe und Schuld durchs Leben kommen? Das will ich die Verantwortlichen des Landes fragen und mit ihnen suchen nach Lösungen für mehr Gerechtigkeit – und verantwortlich sind wir alle.
Ob das immer gelingt? Wer weiß.
Nur die Mutigen gehen los und wissen noch nicht, was die Antwort auf ihre Fragen sein wird. Nur die Mutigen stellen offene Fragen. Mit einem Pirat:innenherz in der Brust, mit Hoffnung im Gepäck, mit einem Himmel über uns – das ist Kirchentag. Ein Ort für das offene Wort und für den, der es gut mit uns meint.
Was ihr hier finden werdet in den nächsten Monaten? Ganz gewiss kein Nachdenken über Kirchentag jedes Mal, sondern junge, wilde Ideen, die beim Kirchentag laufen und mit denen Kirchentag locker flockig andere Formen von Kirche lebt und möglich macht! Viel Spaß damit wünscht