Kirchen verlieren nach wie vor an Bedeutung und Anziehungskraft für die Menschen. Die Zahl der Kirchenmitglieder und -besucher sinkt stetig. Viele Gottes- und Gemeindehäuser werden weniger genutzt oder stehen die meiste Zeit leer. Sie kosten aber Geld. Viel Geld. Instandhaltung, Denkmalschutzkosten, Renovierung, Sanierung, Arbeiten zur Einhaltung neuer Klima- und Energiestandards. Ein weiterer Punkt auf der Agenda derjenigen, die ein „Weiter so“ in den Volkskirchen nicht mehr mittragen können. Bis 2060 werden die evangelische Landeskirchen und die katholischen Bistümer ungefähr 40.000 Immobilien abgeben müssen, schrieb die Hannoversche Allgemeine Zeitung Anfang Mai. Da die Denkmalschutzbedingungen in vielen Fällen eine veränderte Nutzbarmachung verhinderten, werden die meisten Gebäude wohl abgerissen werden, so die Zeitung. Seit den 1990er Jahren seien Schätzungen zufolge bereits 1.200 Kirchen aufgegeben worden. 278 davon wurden abgerissen. Die anderen stehen leer, werden für Kulturveranstaltungen genutzt oder wurden zu öffentlichen Begegnungsflächen, Herbergen, Wohnhäuser oder gastronomischen Betrieben umgebaut. Betroffen seien jedoch weniger die Sakralbauten, sondern vielmehr die Pfarrhäuser, die oftmals ziemlich runtergerockt sind und nicht mehr den gängigen Standards und Anforderungen entsprechen sowie Gemeindehäuser. Aufgrund des demografischen Wandels und der dadurch hervorgerufenen Veränderung der Bedürfnisse von Menschen im Kiez, Dorf oder Ort, haben sie ihren Sinn und Zweck häufig bereits erfüllt und stünden die meiste Zeit leer.
Die Denkmalschutzbehörde habe angekündigt, dass man aufgrund dieser dramatischen Situation bereit zu konstruktiven Lösungen sei. Hochwertige Kirchenbauten sollten als Kulturerbe erhalten bleiben, es sollen aber auch Weiternutzungsoptionen mit „substanz- und ressourcenschonenden Eingriffen“ entwickelt werden, so die Präsidentin des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege, Christina Krafczyk. Auch müsse man darüber nachdenken, ob man die Verpflichtung für Pfarrer im Pfarrhaus zu wohnen, aufrecht erhalten könne. Diese entsprächen nicht nur nicht den Standards für energieeffizientes Wohnen, sondern seien oftmals viel zu groß und hätten einen extremen Renovierungs- und Sanierungsstau vorzuweisen.
Es bleibt spannend abzuwarten, inwiefern die Kirchen sich in den Diskussionen rund um Wohnraum, Klimazielen und Energieeffizienz positionieren und ob sie wirklich bereit sind, sich auf innovative Nutzungskonzepte einzulassen – oder ob man nicht doch noch die nächste Orgel saniert.