Die evangelische Kirche in Hamburg (Nordkirche) macht dank der Ritualagentur, der Pop-Up-Church, der Kinderkathedrale oder queeren Gottesdiensten viele Schlagzeilen. Setzt euch das als katholische Kirche unter Druck oder gar in Konkurrenz?
Ursula Soumagne-Nagler: Wir können bei uns im Norden auf eine sehr gute ökumenische Zusammenarbeit bauen, daher sind wir durch die tollen Projekte der Nordkirche motiviert und sicher auch auf eine gute Weise herausgefordert. Wir werden schauen, wie wir uns gegenseitig unterstützen können und was wir auch gemeinsam gestalten können.
Steffen Debus: Die frischen Ideen der Nordkirche sind ja auch für uns total inspirierend. Und bei “Liebe gewinnt” waren wir auch dabei. Was uns wirklich Druck macht: Gesellschaft und Kirche ändern sich so rasend schnell und unsere Strukturen als Kirche kommen da leider nicht so schnell mit. Das macht denjenigen Stress, die gerne so viel schneller Dinge verändern wollen. Da hakt es so oft.
Insgesamt gelten die Nordlichter als etwas stiller und reservierter. Stimmt dieses (Vor)Urteil? Oder wie entkräftet ihr es?
SD: Ja, da ist schon was dran. Wenn dich hier jemand in der S- Bahn anspricht, dann ist das im Norden erstmal “verdächtig”. Insofern müssen wir gar nicht so viel entkräften, sondern nur deutlich machen: Auch im Norden gibt es tiefe Beziehungen, die aber vielleicht ein wenig mehr Zeit und Anlauf brauchen als im Süden.
USN: Es gehört sicher zum Profil der „Nordlichter“ etwas stiller und auf den ersten Blick vielleicht auch reservierter zu sein. Aber das macht uns aus!
Was genau macht das Erzbistum Hamburg aus?
USN: Das Erzbistum Hamburg ist das flächenmäßig größte Bistum in Deutschland, das besonders von der Weltkirche geprägt ist. Von den knapp 400.000 Katholik:innen haben fast 40% einen Migrationshintergrund, sodass wir in 23 Sprachen regelmäßige Gottesdienste an unterschiedlichen Orten feiern. Wir sind also bunt und vielfältig! Durch die zu unserem Bistum gehörenden drei Bundesländer Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und die Hansestadt Hamburg werden wir vor unterschiedliche gesellschaftliche Herausforderungen gestellt. Dazu gehört zum Beispiel auch die unterschiedliche Ost-West Vergangenheit.
SD: Durch die Diaspora-Situation hier im Norden stehen wir schon lange vor der Frage, welche Rolle wir als Kirche in einer Gesellschaft spielen, die nicht mehr so stark kirchlich geprägt ist. Da sind wir in der Entwicklung den südlichen Bistümern ein paar Jahre voraus. Wir müssen immer wieder fragen: Wozu braucht es uns? Das schenkt uns einen weiten Horizont.
Inwiefern erprobt das Erzbistum frische Ideen für eine Kirche für morgen?
USN: Mit dem pastoralen Orientierungsrahmen haben wir in unserem Bistum die Voraussetzungen geschaffen, mit mutigen Schritten Neues zu wagen und auszuprobieren. Wir erleben gerade, dass an vielen Orten einzelne Projekte ins Leben gerufen werden, die eine Kirche für morgen realisieren. Beispielsweise schafft die Einrichtung eines Innovationsfonds mehr Raum für die Erprobung und Umsetzung von Projekten.
SD: Im Jugendbereich sind wir gerade dabei, zwei Fresh X neu zu gründen. Unsere Vision dazu lautet: Mit Gottes Liebe im Herzen wollen wir Werkzeug sein zum Wohl junger Menschen. Das treibt uns an.
Welche Ideen und Zielgruppen stehen im Fokus?
SD: Wie gesagt, wir als Jugendreferat haben einen Schwerpunkt auf Jugendlichen und jungen Erwachsenen, aber unser Engagement für Fresh X geht natürlich weit über diesen Rahmen hinaus.
USN: Genau, wir sind für alles offen und hoffen auf tolle Ideen- und Impulsgeber:innen, die wir begleiten und unterstützen können, um neue Formen des Kirche-Seins in unserem Bistum zu verankern.
Was wird sich für euch durch den Beitritt des Erzbistums ins fx-Netzwerk ändern? Welche Benefits ergeben sich dadurch?
USN: Wir erhoffen uns durch den Beitritt ins Netzwerk eine Stärkung unserer Ideen und Projekte durch die professionelle Ratgeber:innnen und möchten durch den verstärkten Austausch vom Netzwerk lernen, wie es gelingen kann, neue Formen des Kirche-Seins zu entdecken und zu fördern.
SD: Und wir wollen natürlich auch die Idee von Fresh X mehr ins Erzbistum hineintragen, sodass sich die Gedanken auch in der Fläche verbreiten.
Was können die anderen Mitglieder von euch lernen?
USN: Der Beitritt des flächenmäßig größten Bistums ins fx-Netzwerk ist Zeichen nach außen. Wir hoffen durch frische Ideen von interessanten Nordlichtern das Netzwerk bereichern zu können.
SD: Und wir erhöhen damit auch die Vielfalt im Netzwerk, denn die katholische Kirche ist bei fx ja noch nicht so richtig stark aufgestellt.