Mitten drin zwischen Abriss und Aufbau ist auch Rebecca Kehrberger. Die zweifache Mutter und leidenschaftliche Kirchen-Pionierin ist beim CVJM Mannheim angestellt, um die kirchliche Quartiersarbeit auf Mannheim-Franklin aktiv mitzugestalten. Von ihrer Sehnsucht und den ersten Schritten erzählt sie hier.
Eine ökumenische Bewegung
Auf Mannheim Franklin sind die evangelische Kirche, die katholische Kirche und der CVJM Baden zusammengekommen, um dem Gemeinde-Pflänzchen der letzten Jahre eine Form zu geben, die Wachstum ermöglicht und Freiraum gibt. Dabei Gutes bewahrt und eine stabile Form für die Zukunft auf Franklin findet. Eine ökumenische Gemeindegründung „YChurch. Kirche auf Franklin“ wächst und schlägt Wurzeln… Ein Bericht von Rebecca Kehrberger:
Anfang 2020: Ich sitze nach unserem Umzug mit meiner Tochter im Kinderzimmer. Es ist diesig. Etwas liegt in der Luft: Unbehagen, Unklarheit. Wenige Tage später wird die Pandemie ausgerufen. Ich schaue aus dem Kinderzimmerfenster und blicke auf die Kirche, die mir schon bei der Wohnungsbesichtigung auffiel. „Gott – es ist deine Kirche. Was soll ich tun?“ Dieser Frage folgte ein langes, anstrengendes, kräftezehrendes Warten.
Anfang 2021: Frustriert darüber, dass der Weihnachtsgottesdienst ausfiel, stehe ich am Kinderzimmerfenster. Inzwischen mit einem Neugeborenen auf dem Arm und einem Kleinkind an der Hand, das seit Monaten nicht mehr in den Kindergarten durfte. Die Kraftreserven sind aufgebraucht. „Gott – es ist deine Kirche. Was soll ich tun?“
Mit dem Frühling kommt das Leben zurück. Ich laufe über Franklin, eine der größten Wohnbaustellen Deutschlands, in Mannheim. Rund 10.000 Leute werden hier leben, wenn das Quartier fertig ist. Ich bin unterwegs mit dem Baby im Tragetuch und dem Kleinkind auf dem Fahrrad und bete Sekundengebete. Viel mehr ist oft nicht möglich „Gott – es ist deine Kirche. Was soll ich tun?“
Mein Inneres erinnert sich an Jes. 43,19: „Denn siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?“ Dieser Vers lässt mich nicht los. Ich fange an zu begreifen, dass es nicht darum geht, was ich tun soll. Ich lerne, dass Gott in diesem Stadtteil bereits am Werk ist. Ich laufe über die Baustellen, die unglaublich riesig sind und sehe, wie Gebäude entstehen. Sichtbar. Ich spüre: So sichtbar schafft Gott hier Neues. Siehst du es?
Mitte 2021 darf ich erleben, wie Gott Türen öffnet. Ich werde ins Leitungsteam der ev. und kath. Kirche in Franklin berufen. Ein Gespräch mit einem Referenten des Landesverbandes eröffnet die Perspektive YChurch. Das ist eine neue Ausdrucksform von Kirche im Kontext von CVJM-Arbeit. Ich führe erste Gespräche mit den Hauptamtlichen der Kirche darüber. Gespräche mit den Dekanen folgen. Immer wieder feiere ich, dass alle dieses Neue gut finden. Bisher ging keine Türe zu. So schreibe ich, ein wenig blauäugig, einen Antrag bei einer Stiftung. Kurze Zeit später bekomme ich die Zusage für das Geld.
Anfang 2022: Ich bin hauptamtliche Mitarbeiterin im CVJM Mannheim. Pionierin für mein Herzensprojekt, mit brennendem Herz und eiskalten Füßen. So predige ich an Weihnachten 2021 vor dem Boulderhaus. Die Kirche dürfen wir nicht benutzen. Mit brennendem Herz und eiskalten Füßen stehe ich an Ostern auf der grünen Wiese und rufe mit über 150 Menschen „Der Herr ist auferstanden!“ Ich probiere aus: ein digitaler Paar-Abend, ein Stationsgottesdienst im Kirche-Kunterbunt-Style, Postkartenaktionen für Alltagshelden, Gebetsmöglichkeiten, eine Segnungsstation auf dem Stadtteilfest, ein Minigottesdienst beim Sommerfest des Kinderchores auf Picknickdecken. Das Gefühl bleibt, denn mein Herz brennt, obwohl die Füße immer wieder kalt sind. Aber ich lerne zu staunen. Gott schafft, er baut, er bereitet vor und ich bin dabei; laufe neben- oder hinterher. Ich wage zu träumen von der „Kirche“ die hier entsteht: ein Begegnungsraum zwischen Gott und Menschen. Ein Ort, an dem Familien gemeinsam ihren Glauben entdecken und entfalten können. Ein Ort, an dem eine lebensverändernde Begegnung mit Jesus Christus stattfinden kann.