Seit drei Jahren arbeite ich für Kirche. Erst als Vikar, jetzt als Pfarrer. Und konnte dabei wenig mit Gemeinde anfangen. Aufgewachsen ohne Kontakt zu Kirche, aber mit einer Ahnung von Gott im Herzen, habe ich als Jugendlicher über meine Nachbarn erfahren, wie man mit Herz und Hirn fröhlich Christ sein kann. Ich gründete mit Freundinnen und Freunden quasi als erste Fresh X in Deutschland einen Jugendkreis, basisdemokratisch und ökumenisch. Wir trafen uns im Gemeindehaus der evangelischen Kirche, aber mit dem sogenannten Gemeindeleben hatte ich nichts zu tun.
Alltagstaugliche Spiritualität
Auch im Vikariat blieb mir das Gemeindeleben fremd. Ich wollte nicht das Bestehende weiterführen, sondern sehnte mich nach Formaten und Orten, die mich ansprechen und zu denen ich meine Kumpels einladen würde. Also weniger Gemeindesaal mit gelben Gardinen, Linoleum und Multifunktionstischen, sondern eher ein gemütliches Café mit alten Sesseln und Holzdielen. Vormittags Co-Working-Space, nachmittags Indoorspielplatz für mein Kind, abends eine Kneipe mit einem Stammtisch über Gott und die Welt. Und nachts beim Kinderzimmeraufräumen ein Podcast über Spiritualität. Oder doch noch ein paar Yoga-Übungen mit Gute-Nacht-Gebet?
Kirche neu denken – das war, Gott sei Dank, Teil meiner Ausbildung zum Pfarrer, nämlich im Fach Gemeindeentwicklung. Ein Tag war für Fresh-X-Projekte reserviert. Die Referentin entflammte mich: Wie geil wäre es, selbst etwas Innovatives zu gründen? Gleichzeitig begann mein Kirchenkreis einen Transformationsprozess und fragte nicht mehr: „Machen wir die Dinge richtig?“, sondern: „Tun wir die richtigen Dinge?“ Und so kam ich auf die Idee, selbst die Fresh-X-Weiterbildung zu machen. Immer motiviert vom Frischetheke-Podcast als Gegennarrativ zum parochialen Gemeindealltag.
Gerade bin ich Pfarrer im Probedienst. Dazu gehört auch, sich obligatorisch weiterzubilden. Fresh X ist dabei eigentlich nicht vorgesehen. Aber ich hatte ja Feuer gefangen – und stellte einen Antrag. Landeskirchenamt und Kirchenkreis genehmigten ihn nicht nur, sondern finanzieren zusammen die komplette Weiterbildung. So cool kann Kirche sein.
Und nun bin ich gespannt wie’s wird: Was ist möglich jenseits der parochialen Monokultur? Welche spirituellen Räume werde ich träumen? Werde ich im vollen Arbeitsalltag Raum für Pflanzungen oder gar eine Gründung haben? Und: Wer ist mit mir unterwegs? Wie geht es anderen damit, dass sie nicht so richtig bei Kirche reinpassen? Los geht’s!