inspiriert

Raus aus der Anbieterrolle

29. Januar

Wir freuen uns jedes Mal mega, wenn wir euch an dieser Stelle neue Mitglieder vorstellen können. Dieses Mal erzählt Felix Goldinger uns einiges über das Bistum Speyer, dass seit Kurzem Mitglied im Netzwerk ist. Trommelwirbel und Applaus für ein kleines Bistum mit großen Plänen:

Was das Bistum Speyer dem fx-Netzwerk zu bieten hat und sich als neues Mitglied von der Bewegung erhofft

Felix, erzähl doch mal: Was macht das Bistum Speyer aus?

Felix Goldinger: Das Bistum Speyer ist die römisch-katholische Kirche in der Pfalz und einem kleinen Teil des Saarlands. Zwischen Rhein und der französischen Grenze leben etwa 1,5 Millionen Menschen, davon sind rund 450.000 Mitglieder der katholischen Kirche. Wir sind eine Bischofskirche mit einer flächendeckenden Pfarreistruktur. Darüber hinaus sind aber auch viele Menschen in Verbänden organisiert oder in der Kategorialseelsorge aktiv.

Wir haben uns in den letzten Jahren intensiv mit Innovations- und Transformationsprozessen auseinandergesetzt. Unser Ziel ist es, neue Formen von Kirche zu entwickeln, die sich an unserer gemeinsamen Vision orientieren, Segensorte zu gestalten.

Ihr seid ein relativ kleines Bistum mit starkem regionalem Bezug und habt bereits selbst einige Verbände – wieso seid ihr trotzdem Mitglied im Fresh X Netzwerk geworden?

In den letzten sieben Jahren haben wir aktiv nach alternativen Formen von Kirche gesucht. Wir haben Kundschafter:innen auf die Philippinen, nach Nicaragua, nach Südafrika und auch nach England geschickt. Dort haben wir die Fresh X-Bewegung kennengelernt und waren von Anfang an begeistert. Seitdem hat sich im Bistum viel getan: zusammen mit der evangelischen Kirche der Pfalz haben wir SCHON JETZT gestartet, eine Initiative, die Menschen vernetzt, die Kirche neu denken wollen. Durch den Beitritt zum Fresh X Netzwerk möchten wir unsere Innovations- und Transformationsbemühungen verstärken und auch kontextorientierte Personalgemeinden gründen.

Seit wann arbeitest du im Bistum und was sind konkret deine Aufgaben und Arbeitsfelder?

Schon ne ganze Weile: Seit 2005. Nach der pastoralpraktischen Ausbildung hab ich zuerst als Pastoralreferent in einer Pfarreiengemeinschaft gearbeitet, dann in der Jugendkirche und danach sechs Jahre als Vorsitzender des BDKJ. Seit 8 Jahren hab ich als Referent für missionarische Pastoral gearbeitet. Mit SCHON JETZT bin ich dann mit meiner evangelischen Kollegin durch die Pfalz getourt und hab mit einem Stammtischformat nach Verbündeten Ausschau gehalten. Inzwischen sind daraus vier regionale Pionier-Hubs entstanden, in denen sich rund 40 Personen zu einer ökumenischen Lerngemeinschaft vernetzen. Daneben gehört die digitale Community DA-ZWISCHEN zu meinem Arbeitsbereich.

Du engagierst dich schon lange in dem Netzwerk; doch für eine offizielle Verlautbarung zu Kirchenerneuerungen hat es bis Ende letzten Jahres nicht gereicht. Woran lags?

Sieben Jahre sind im katholischen Kontext quasi Lichtgeschwindigkeit. Aber im Ernst: Es war mir wichtig, dass der Beitritt nicht eine reine Schreibtischentscheidung ist, sondern von einer Graswurzelbewegung getragen wird. Das wird nun sichtbar: Im Bistum gibt es Menschen, die vor Ort bereits nach alternativen Gemeindeformen und einer Kontextualisierung des Sendungsauftrags suchen. Nicht zuletzt mussten natürlich auch die Entscheider:innen von der Idee überzeugt werden. 

Was könnt oder wollt ihr von anderen lernen?

Für uns als immer noch recht große Institution wird es eine große Herausforderung sein, neben den gewachsenen Strukturen, Neues zuzulassen oder als solches überhaupt wahrzunehmen. Da können wir sicherlich viel von den Erfahrungen mit Erprobungsräumen und alternativen Formen von Kirche lernen. Ich vermute auch, dass für uns als traditionsreiche Kirche der Umgang mit „Verletzungsgefahren“ wichtig wird: Wie gehen wir sensibel damit um, dass einerseits vieles zu Ende geht oder stirbt, was lange Zeit wertvoll und schön war und andererseits Energie für die Neue freigeschaufelt wird? Wie geht eigentlich Mixed Economy? Und wo sind all die Pionier:innen? Ich glaube, wir haben eine ganze Menge Fragen im Gepäck…

Was glaubst du: Welche Rolle spielt Fresh X für die Kirchenentwicklung in Deutschland? Welche Rolle sollte das Netzwerk spielen?

Fresh X ist zweifellos ein entscheidender Motor für die Kirchenentwicklung in Deutschland. Die Bewegung initiiert einen bedeutenden Haltungswechsel, der uns als Kirche dazu anregt, aus der traditionellen Anbieterrolle auszubrechen und wieder aktiv Teil der Welt um uns zu werden. Besonders vor dem Hintergrund von aktuellen Studien wie der KMU wird deutlich, dass dieser Wandel dringend erforderlich ist und wir uns als ökumenische Bewegung auf ein postkonfessionelles Zeitalter vorbereiten müssen. Aber neben diesen organisatorischen Fragen sehe ich vor allem ein geistliches Potential in der Bewegung: Fresh X ermutigt uns als Kirchen dazu, in Gottes Bewegung zu den Menschen einzusteigen und mitten in diesen chaotischen Zeiten ein bisschen Himmel auf Erden zu entdecken und Segensorte zu gestalten.

Autorin, Lektorin, Redakteurin von Beruf. Im Fresh X-Netzwerk und an der CVJM-Hochschule. Mitarbeitende, Mitdenkende, Mitgestaltende in Kirche. Suchende, Sehnende, Scheiternde, Fragende, Findende, Fordernde im Privaten.