In meiner Arbeit als Jugendreferentin einer Ev. Kirchengemeinde gehört es unter anderem zu meinen Aufgaben, einen Teeniekreis für Mädchen ab 13 Jahren, gemeinsam mit einer Freundin als ehrenamtliche Mitarbeiterin, zu leiten.
Dabei ist uns wichtig, dass die Mädels nicht nur ein cooles Freizeitprogramm haben, sondern Jesus besser kennenlernen, eine eigene Beziehung zu ihm entwickeln und den Glauben in ihrem Alltag praktisch werden lassen. Wir versuchen, uns in unserem Teeniekreis nicht nur um uns selber zu drehen, sondern auch Aktionen zu machen, bei denen wir über den Tellerrand schauen und dem Auftrag: „Suchet der Stadt Bestes“ aus Jeremia 29,7 nachgehen.
Wir merken, dass die Mädchen gerade auch bei solchen Aktionen mit Begeisterung dabei sind, bei denen sie anderen eine Freude bereiten können. Die „serving first“-Haltung kann also auch Spaß machen. Und so hatten wir uns für den Frühling 2021 eine Guerilla Gardening-Aktion vorgenommen.
Der Plan: Wir wollten leere Konservendosen anmalen, mit Blumen bepflanzen und mit Kabelbinder in der Stadt verteilen.
Zeitgleich bekam ich witzigerweise eine Anfrage der CVJM–Hochschule, ob ich nicht Lust hätte, mit meiner Jugendarbeit eine Fresh-X-Methode auszuprobieren und diese zu dokumentieren: Guerilla Gardening. Mal wieder hatte Gott eine goldene Spur gelegt. Natürlich sagten wir zu.
Wir planten, den Mädchen als Theorie dazu in den Wochen vorher die vier Dimensionen christlicher Gemeinschaft „in“ „up“ „of/with“ und „out“ näherzubringen. Diese Begriffe aus der Freshexpressions-Bewegung in England bedeuten: Wir lieben einander. Wir lieben Gott. Wir lieben Einheit unter Christen über Grenzen von Denominationen hinweg. Und wir lieben unsere Mitmenschen.
In der Theorieeinheit „out“ bereiteten wir die Mädels auf die Aktion vor, damit es eben nicht nur eine einmalige coole Aktion ist, sondern ihren Blick auf ihre Mitmenschen prägt.
Wir hatten die Termine so gelegt, dass die Dosen am 1. April, also am Gründonnerstag, in der Stadt verteilt werden sollten, damit über die Osterfeiertage eine sinnbildliche Rebellion des Lebens in der Stadt ausbricht. Wir fragten sicherheitshalber in der Stadtverwaltung an und bekamen eine sehr freundliche Genehmigung mit den Worten: „Ist ja für uns auch gut, wenn´s bisschen schöner wird in der Stadt.“ Und darüber hinaus das Entgegenkommen, dass wir die Dosen gerne auch an Kindergartenzäunen oder sonstigen städtischen Einrichtungen anbringen könnten. Wir müssten der netten Dame nur vorher Bescheid geben, wo genau, dann informiert sie die entsprechenden Einrichtungen, dass das so seine Richtigkeit hat. Halleluja.
Und dann kam mal wieder ein Lockdown.
Die Einheiten „in“ und „up“ mussten wir digital durchführen und zitterten, ob das alles so klappt. Und beteten.
Tatsächlich kam eine neue Verordnung und wir durften uns zur „of/with“ Dimension wieder richtig treffen. Zur „out“-Theorie auch. Neben der Theorie sprühten wir die Dosen mit schöner Kreidefarbe an und beschrifteten sie mit Ostergrüßen, Segenswünschen oder ermutigenden Worten.
Drei Tage später erreichte uns die die Info, dass wir uns wieder nicht mehr treffen durften. Aber unsere Aktion sollte trotzdem stattfinden. Jetzt gerade erst Recht. Rebellion des Lebens. Natürlich im gesetzlichen Rahmen.
Also Plan B: Meine Mitarbeiterin und ich pflanzten die Blumen zu zweit in die Dosen, verteilten sie an die Mädchen, die sie wiederum zu zweit an vorher zugewiesenen Orten anbrachten. Wir Erwachsenen verteilten ebenfalls welche. Als wir bei einem Spielplatz eine Dose aufhängten, bemerkten wir, dass da ein Junge gelangweilt auf einer Schaukel hing. Kaum waren wir wieder im Auto, stand er auf, schaute auf die Dose, las die Aufschrift und schaute dann mit großen Augen zu uns und dann wieder zur Dose. Damit hatte er vermutlich nicht gerechnet.
Auch wenn in den Wochen danach eine Dose verschwand und aus einer anderen die Blumen rausgerissen wurden, war die Aktion für uns und unsere Mädels ein voller Erfolg. Weil Gottes Liebe mitten in den Frust und die Wut der Welt kommt. Weil er sich ihr selbst aussetzt. Weil er sie am Kreuz auf sich geladen hat. Und überwunden hat. Rebellion des Lebens.