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Was Nachhaltigkeit mit Glauben zu tun hat

27. März

Die Studie zu sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit des Forschungsinstituts empirica der CVJM-Hochschule hat nicht nur eine bislang unerforschte Zielgruppe in Augenschein genommen, sondern auch überraschende Ergebnisse in einer so häufig schon geführten Diskussion zutage gefördert.

Hoffnung auf eine neue Form der Spiritualität

Lange haben sie geforscht. Haben sich eingelesen in die gängige wissenschaftliche Literatur. Haben sich kluge Frage überlegt und haben diese mehr als 2.500 Leuten gestellt. Und die Antworten waren überraschend!
Wenn man liest, dass das Forschungsinstitut empirica der CVJM-Hochschule eine Studie zu sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit durchführt, könnte man zu dem Schluss kommen, dass das Ergebnis der Umfrage doch von vorneherein feststeht. Dass Leute befragt werden, die eher dem sozio-ökologischen Milieu zuzuordnen sind. Und dass diese sinngemäß antworten werden, dass für sie Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit handlungsweisend und das zentrale Element ihres Glaubens seien.

Überraschende Antworten einer bislang unentdeckten Zielgruppe

Doch mitnichten. Auch wenn bislang noch keine konkreten Ergebnisse der Befragung bekannt gegeben wurden, verrieten die Herausgebenden der Studie, Prof. Dr. Tobias Faix und die wissenschaftliche Mitarbeiterin Anna-Lena Moselewski, dass es einige Überraschungen während des Forschungszeitraums gegeben hat. So konnte beispielsweise das sozial-ökologische Milieu überhaupt nicht erreicht werden, während die konservativen Milieus sich für die Studie zugänglich zeigten. „Das Besondere an der Studie ist, dass es zu den hochreligiösen Christinnen und Christen in diesem Bereich bisher nichts gibt. Wir haben uns natürlich vorab intensiv in die bisherige Forschung eingearbeitet und auf den aktuellen Stand der Wissenschaft gebracht und keine nennenswerten oder vergleichbaren Untersuchungen zu hochreligiösen Christinnen und Christen gefunden, weder in der deutschsprachigen Forschungsliteratur noch international. Wir sind mit unserer Studie in eine Forschungslücke gesprungen“, erklärt Anna-Lena Moselewski. Zudem konnte in der Forschung gezeigt werden, dass eine große Herausforderung darin besteht, dass in der öffentlichen Diskussion zumeist nur sogenannte Triggerpunkte diskutiert werden und man den Eindruck gewinnt, die Gesellschaft sei in den Themen der sozialen Gerechtigkeit und ökologischen Nachhaltigkeit gespalten. Dabei gibt es, das konnte die Studie ebenfalls beweisen, eine große Mehrheit unter denen, die Nachhaltigkeit als einen Teil des biblischen Auftrags verstehen und für wichtig erachten. Kommt es jedoch zu einer Zuspitzung, zu einem Kristallisationspunkt, an dem es um ein Entweder-Oder geht, um Entweder Jesus oder Nachhaltigkeit, entweder Evangelisation oder Gerechtigkeit, gehen die Meinungen wie erwartet auseinander. Doch die Alltagsdimension bringt beide Lager – die im Übrigen gar nicht so groß zu sein scheinen, wie angenommen – wieder zusammen. Denn alle betrifft Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit im Alltag und bestimmt unser Handeln, unsere Entscheidungen: wie wir reisen, uns fortbewegen, was wir essen, wie wir heizen.

Über Glaube, Klima und Hoffnung diskutieren

Doch was genau hochreligiöse Christinnen auf die vielen Fragen der Studie geantwortet haben, ob und inwiefern der Glaube ihr Handeln in Bezug auf Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit beeinflusst, vielleicht sogar prägt, das wird auf dem Fachtag „Glaube.Klima.Hoffnung.“ am 20.04. vorgestellt. Zudem bietet der Tag den Rahmen, Rückfragen stellen und miteinander die Ergebnisse diskutieren zu können. Eine Möglichkeit, die sonst so nicht gegeben ist. Des Weiteren wird es sieben verschiedene Workshops geben, die die Ergebnisse in einen praxisrelevanten Kontext für die Haupt- und Ehrenamtlichen setzen: Was bedeuten die Forschungsergebnisse für die Jugend- und Sozialraumarbeit? Welche Bedeutung haben die Antworten für die eigene Schöpfungsspiritualität und für die Arbeit innerhalb von Kirchengemeinden? Der Fachtag und die dort versammelten Expertinnen lädt ein, nicht nur bei den Ergebnissen einer Befragung stehen zu bleiben, sondern diese zu hinterfragen, zu interpretieren und zu transferieren. Denn eine Beschäftigung mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit wird in den kommenden Jahren mehr und mehr Bedeutung gewinnen. Gut, wenn man in dieser Diskussion heute schon auf starke, eigene, christliche Argumente setzen und aufbauen kann.

Schöpfung als Zugangsweg zu Gott begreifen

Und es zeigt, dass das Thema noch lange nicht ausdiskutiert wurde. Dass noch immer Lösungen fehlen, gute Ideen gefragt sind und wir gut beraten sind, immer wieder nachzufragen und vor allem nachzuhören, wie andere über diese Themen denken, welche Folgen ihre Haltung für ihre Entscheidungen, ihren Alltag und besonders ihren Glauben hat. Anna-Lena Moselewski formuliert es so: „Wir wollen mit der Studie und dem Fachtag eine Hoffnungsperspektive in den oft so düsteren Diskurs bringen.“
Man kann es auch über den Fachtag und die Studie hinaus positiv formulieren: Die zunehmende Bedeutung von Nachhaltigkeit im Alltag und Glauben wird auch zu einer Veränderung der Spiritualität führen. Diejenigen, die befürchten, dass man Jesus in allem sozial-ökologischen Engagement aus den Augen verlieren könnte, werden vielleicht genau dort Jesus (neu) entdecken. Denn, so ist Forschungsleiter Tobias Faix überzeugt: „Nachhaltiges Verhalten ist Anbetung Gottes.“ Vielleicht ist es also nicht nur an der Zeit über Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit zu sprechen, zu forschen und zu diskutieren. Sondern das als einen Zugangsweg zu Gott anzuerkennen und zu leben.

Autorin, Lektorin, Redakteurin von Beruf. Im Fresh X-Netzwerk und an der CVJM-Hochschule. Mitarbeitende, Mitdenkende, Mitgestaltende in Kirche. Suchende, Sehnende, Scheiternde, Fragende, Findende, Fordernde im Privaten.