Ich fahre gerne Rad. Und zwar nicht nur im Sommer, sondern seit kurzem auch wieder im Winter.
Wieder, weil weil es in Stuttgart ein wundervolles Format gibt: die goldenen Ananas.
Das sind Cyclocross-Rennen. Cyclocross ist der Wintersport für Fahrradfahrende. Man pest auf dem Rad auf wilden Wegen, schleppt sein Rad über Hindernisse oder rennt auf Zeit festgelegte Strecken. Eine Saison geht von Oktober bis Januar, also in den Monaten, in denen es besonders ungemütlich ist.
Und so stehe ich jetzt einmal im Monat sonntagmorgens um 6:30 Uhr auf und mache mich in Kälte und Dunkelheit auf den Weg, um durch den Schlamm oder Schnee zu fahren.
Warum man sich das antut, ist eine absolut berechtigte Frage!
Es ist, weil ich wohl noch nie irgendwo so willkommen geheißen wurde wie in dieser Runde. Ich hab mich sofort als Teil dieser kleinen, irgendwie auch abgedrehten, Community gefühlt. Egal welches Rad, welche Radklamotten, oder mit wie viel Ambition man am Start ist, es wird einfach gefeiert, dass DU da bist.
Willkommenskultur in der Kirche
Was für ein Gegensatz zu dem, was ich leider oft in der Kirche erlebe. Dass man begrüßt wird, grenzt zuweilen fast schon an ein Wunder. Und es interessiert oft genug auch niemanden, wenn Eltern ihre Kinder zum Kindergottesdienst bringen und dann wieder gehen, statt im Gottesdienst zu bleiben.
Manchmal ist mein Eindruck: Wir wollen gar nicht, das überhaupt Menschen zu uns kommen.
Sind wir schon so verängstigt vor dem anderen, dem, was wir nicht kennen, dass wir nicht mehr wollen, das anderes oder viel mehr andere dazukommen? Wollen wir im Bekannten verharren, damit nichts und niemand unsere Abläufe, Rituale, Traditionen und Formen hinterfragt oder gar durcheinanderbringt? Liegt
uns so wenig an Menschen?
Und wenn doch, warum kriegen wir es oft nicht hin, das zu zeigen? Warum fällt es uns schwer, das oder den anderen zu feiern, wirklich Interesse an dem anderen zu zeigen, Neues kennenlernen zu wollen? Warum fragen wir nicht nach, hören nicht zu, gehen hinterher?
Fahren, Freuen, Feiern
Nach einer Dreiviertelstunde, die ich durch die eisige Kälte geradelt und gerannt bin, bin ich völlig am Ende. Die Lunge brennt und die Beine schmerzen. Die Finger nicht mehr zu spüren. Nach und nach rollen die anderen ins Ziel. Es wird beglückwünscht und abgeklatscht. Alle feiern alle, egal wie viele oder wie wenig Runden gefahren worden sind. Ob ich das nächste Mal wieder dabei bin? Klar, hier fühl ich mich wohl!
Interessant dazu ist vielleicht auch die Studie, die im November rauskam und laut der die Kirchen in Deutschland nichts für den gesellschaftlichen Zusammenhalt tun – ganz im Gegensatz zu Sportvereinen. Den Artikel dazu gibts hier.