inspiriert

Glaube meets Sport

08. Mai

Es gibt Fußball- und Handballgötter, Gipfelkreuze, Glaubensmäßige Berg- und Taletappen, scheinbare Sieger und Verlierer im Glauben, Gottesdienste vor besonderen Sportereignissen, Stadionkapellen, höllischen Muskelkater und himmlische Zieleinläufe, geistliches Wandern (aka Pilgern), Radfahren, Kiten oder Joggen. Christliche Sportvereine, eine christliche Fußballliga, christliches Yoga. Seniorenturnen im Gemeindehaus, Kinderkrabbelaction im Kirchenschiff und Kletterkirchen. Sportliche Metaphern in Predigten (Segeln, Langstreckenlauf, Bergsteigen, …) und Andachten in Umkleidekabinen. Sportmissionar:innen, Sportpfarrer:innen und Sportdiakon:innen.

Sportbeauftragte der Kirchen

Selbst die EKD und die katholische Kirche in Deutschland sind – nicht nur vor der bevorstehenden Fußball-EM – sportlich unterwegs: “Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat Sport als eines der wichtigsten Begegnungsfelder von Protestantismus und Kultur benannt: ‘Der Sport gehört zu denjenigen menschlichen Aktivitäten, die ihrer Natur nach zweckfrei und Teil der menschlichen Muße sein sollten. Er ist eine elementare Form, in der Menschen sich selbst als leibseelische Einheit erfahren und zugleich einander in Kooperation und Konkurrenz begegnen können.'” So steht es zumindest auf der Themenseite “Kirche und Sport“. Auf katholischer Seite gibt es einen eigenen Bundesverband für Breiten- und Leistungssport (DJK), der immerhin eine halbe Million Mitglieder verzeichnet. Der Sportbeauftragte der EKD, Präses Dr. Thorsten Latzel und sein katholischer Kollege, der Sportbischof der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Stefan Oster, stimmen sich auf einer eigenen Website schon mal ganz auf das Fußballspektakel des Jahres ein – mit Ideen, Material und jeder Menge sportlicher Metaphern. Und mahnen, bei jeder verständlichen “BeGEISTerung”, Fairplay nicht zu vergessen. Für eine Gemeinschaft, bei der niemand ins Abseits gerät, für eine göttliche Gastfreundlichkeit und für Werte jenseits von Erfolgen: Menschlichkeit, Nächstenliebe, Fairness.

Werte, die verbinden

Auch Alexander Zöller sieht in den Werten eine wesentliche Brücke zwischen Glaube und Sport. Er ist seit über zwanzig Jahren bei SRS (Sportler ruft Sportler), einem Verein, der sich dafür einsetzt, christliche Sportler zu ermutigen und geistlich zu begleiten und die christliche Botschaft im Breiten- und Leistungssport zu verankern. Er ist überzeugt: “Man kann die christlichen Werte sehr gut im Sport anwenden. Denn was wir im Sport vermissen, ist genau das: Wertschätzung unabhängig von Leistung, die Art von Kritikäußerung und der Umgang mit Kritik, das Miteinander, die Fähigkeit, sich zu entschuldigen, usw. Auch Nächstenliebe spielt eine Rolle: Allerdings nicht in dem Sinn, dass man dem Gegner einfach das Feld überlässt, sondern indem man ihn anspornt, sein Bestes zu geben und selbst auch sein Bestes zu geben.” Zudem berichtet Zöller komme man über Werte gut mit Menschen in Kontakt, die vom Glauben bisher nichts oder nur wenig wissen. Gerade im Kinder- und Jugendbereich arbeitet SRS deshalb mit der Werteoffensive. “Wir sind davon überzeugt, dass Werte wie Respekt, Wertschätzung und Vertrauen, Menschen zu wahren Gewinnern im Sport und im Leben machen. Der christliche Glaube an Gott als Schöpfer, an Jesus Christus als Erlöser und den Heiligen Geist als Motivator, ist Ausgangspunkt und Wertemaßstab unseres Handelns” heißt es dazu in der passenden Broschüre. Und: “Ohne Herz ist Sport nur Bewegung.” Genau deshalb setzt SRS am Herz der Kinder und Jugendlichen an. “Wir vermitteln ihnen, ‘Du bist geliebt.’, ‘Du kannst was.’ und ‘Setz dein Talent für dich und andere ein.’ Denn diese Sätze hören Sportler nicht oft”, so Zöller.

Es geht um mehr als Leistung

SRS e.V. ist Teil des Fresh X-Netzwerks. Als solcher supporten sie Sportler:innen, Trainer:innen und Aktive in Vereinen dabei, sich als ausgesandte Missionare vor Ort zu verstehen. Sie bieten monatliche Zoom-Gottesdienste an, machen einen gemeinsamen Bibelmarathon, initiieren Sportler-Hauskreise und bieten neben einem eigenen Podcast auch eine wöchentliche Mailandacht an. All das soll die Aktiven ausrüsten, dass sie in ihrem Verein, in der Umkleide, auf dem Spielfeld einen Unterschied machen. Sie sollen auffallen durch ihre besondere Art, durch ihr Fairplay, ihre Fähigkeit, sich zu entschuldigen, eine positiv-leidenschaftliche Emotionalität. So sollen sie als ausgesandte Missionar:innen ihrer Gemeinden Salz und Licht sein: an der Schiri-Linie, der Trainerbank, auf dem Feld, am Tresen des Vereinsheims, im Zeugwart-Raum. Alexander Zöller zeigt sich davon überzeugt, dass sich sogar noch viel mehr Christ:innen im Sport engagieren sollten – nirgends sei es so einfach die Menschen in ihrer Art, mit ihren Emotionen kennenzulernen und zu verstehen. Und viele Vereine suchen (genau wie Kirchen) händeringend Ehrenamtliche, die sich einbringen. Wenn man beispielsweise, so rechnet Zöller vor, zweimal die Woche eine Jugendmannschaft trainiert, plus die Spiele am Wochenende, hat man mehr Einflussmöglichkeiten und Chancen, die Jugendlichen positiv zu prägen als so mancher Vater, der täglich bis spätabends im Büro ist.

Sport zur Ehre Gottes

Auch als aktive:r Spieler:in habe man die Möglichkeit, positiv auf seine Mannschaftskolleg:innen einzuwirken. “Ich kann mir gut vorstellen, dass die Umkleidekabine zu einer Kapelle wird. Da finden nach dem Duschen spirituelle Talks statt. Zwar bleiben manche sitzen und kümmern sich um ihr Zeug, andere gehen raus, aber es wird immer welche geben, die zuhören. Mit denen teilt man das Leben. Und das ist doch nichts anderes als Gottesdienst.” Es sei zwar keine klassische Gemeinde, aber die Anknüpfung durch die Gemeinschaft ist für Zöller der entscheidende Punkt: “Aus der Gemeinschaft entsteht Zeugnis.”

Und wenn Gemeinden sich umschauen, wie und wo sie mit Leuten im Sozialraum ins Gespräch kommen können, lohnt sich ein Gang zu den umliegenden Sportstätten: Welche Vereine gibt es im Umkreis, welche Spiel-, Bolz-, Tennisplätze? Wie viele Tischtennisplatten, Skate-Rampen, Fitnessgeräte oder -studios gibt es? Und wie könnte man sich als Christ:innen, als Kirche, dort beteiligen? Welche Anknüpfungspunkte gibt es? Denn, so schließt Zöller: “Mission muss nicht immer Afrika oder Südostasien sein. Es kann auch der Verein oder das Fitnessstudio sein. Jedes Talent hat die Berechtigung zur Ehre Gottes eingesetzt zu werden.”

Autorin, Lektorin, Redakteurin von Beruf. Im Fresh X-Netzwerk und an der CVJM-Hochschule. Mitarbeitende, Mitdenkende, Mitgestaltende in Kirche. Suchende, Sehnende, Scheiternde, Fragende, Findende, Fordernde im Privaten.