Wir Menschen bewegen uns hauptsächlich zwischen zwei Orten: unserem Zuhause und unserer Arbeitsstätte. Während wir auf der Arbeit etwas leisten, uns unter Beweis stellen, performen und präsentieren, ist das Zuhause der Ruhe- und Rückzugsort. Der Ort zum Sein. Meistens jedoch mit einer begrenzten Anzahl an Personen, mit denen man auch nur bedingt wohltuende Gespräche auf Augenhöhe führen kann (und nein, Diskussionen darüber, welche Jacke man bei 8 Grad und Regen wohl am besten anzieht, wann wer wie zu Hause sein muss und wie unfair das eigentlich ist, gehören nicht zu den adäquaten Gesprächen, nach denen die meisten Menschen sich sehnen …).
Zwischen den Orten
Im Bereich des New Work ist man vor ein paar Jahren auf die Idee gekommen, neben dem Homeoffice (Zuhause) und der Präsenzarbeit im Unternehme noch dritte Orte als vollwertige Arbeitsstätten zu klassifizieren. Zunächst hatte man da die Business-Lounge an Bahnhöfen und Flughäfen im Kopf. Aber auch Arbeiten unterwegs im Zug, im Flieger oder in einem kleinen Café auf dem Weg von einem Meeting zum nächsten gewann an Akzeptanz. Bis die Coworking-Spaces kamen und erstmalig wirklich ein fester, fixer dritter Ort zum Arbeiten benannt und gestaltet werden konnte.
Laut einem Artikel im österreichischen Online-Magazin derStandard.at sehnen sich die Menschen aber ganz allgemein nach einem dritten Ort. “Es ist ein Platz, an dem wir uns entspannen, austauschen und mit anderen in Gemeinschaft treten können. Hier müssen keine Probleme gelöst oder Anforderungen erfüllt werden: Wir können einfach sein. Und so unterschiedlich, wie wir sind, können auch unsere Orte sein”, schreibt die Autorin Ricarda Opis in dem Essay “Beisl, Fitnessstudio, Bücherei: Warum wir einen ‘dritten Ort’ brauchen”.
Kriterien für einen dritten Ort
In der Aufzählung der Autorin, die so scheint es, wenig mit Kirche am Hut hat, taucht demzufolge auch die Kirche als so ein Ort nicht auf. Selbstverständlich sind dagegen Cafés, Bibliotheken, Fitnessstudios, Kunstateliers, Vereine. Orte, die acht Kriterien entsprechen sollten, um wirklich als ein guter dritter Ort fungieren zu können. “Er soll ‘neutraler Boden’ sein – jeder kann, niemand muss sich dort aufhalten. Unterschiede im gesellschaftlichen Status oder Einkommen spielen wenig bis gar keine Rolle mehr, sobald man über die Schwelle tritt. Stattdessen geht es um das Gespräch und die spontane Gemeinschaft, die zwischen den Menschen dort entsteht. Der Ort soll allen offenstehen und einladend statt elitär sein. Er hat Stammgäste, die ihm seinen Charakter verleihen. Und, wohl am wichtigsten, er soll sich anfühlen wie ein zweites Zuhause.”
Warum fällt Menschen dann die Kirche dabei nicht ein?