inspiriert

Mönchische Klostergemeinschaften im neuen Gewand

14. Januar

Was sind die neuen monastische Bewegungen?

Wie bei so vielen steht am Anfang meist eine Sehnsucht. Der Wunsch: „Es muss doch auch anders gehen.“ Die Hoffnung, dass es nicht bleiben muss, wie es ist. Oder auch der Eindruck einer eigenen Berufung. Irgendwann traut man sich, teilt seine Gedanken, Wünsche und Hoffnungen mit ausgewählten Personen, lässt sie die eigene Sehnsucht spüren und überprüft, ob sie ähnlich ticken, vielleicht gar auch berufen sind. Mit etwas Glück springt jemand darauf an. Und dann beginnt die eigentliche Arbeit.

Einmütige Gemeinschaft

Der Wunsch nach gemeinschaftlichem Leben ist so alt wie die Christenheit selbst. Die ersten Christen waren es schließlich, die es vorgemacht haben:

„Alle Gläubigen kamen regelmäßig zusammen und teilten alles miteinander, was sie besaßen. Sie verkauften ihren Besitz und teilten den Erlös mit allen, die bedürftig waren. Gemeinsam beteten sie täglich im Tempel zu Gott, trafen sich zur Mahlfeier in den Häusern und nahmen gemeinsam die Mahlzeiten ein, bei denen es fröhlich zuging und großzügig geteilt wurde.“

Apostelgeschichte 2,45+46 (NLB)

Und es klingt ja auch fast zu schön, um wahr zu sein. Wenn man das liest, ist es beinahe unmöglich nicht irgendwelche happ-clappy-Klischees im Kopf zu haben. Friede, Freude, Eierkuchen. Alle gut drauf. Keinen Neid. Keine Diskussionen um Aufgaben und Pflichten. Kein Genervt-sein vom Menschsein des anderen. Aber war es wirklich so?

In der Lutherübersetzung heißt es, dass sie „einmütig beieinander“ waren. Einmütig. Nicht zu verwechseln mit „einmündig“. Offenbar waren sie nicht immer einer Meinung. Offenbar gab es auch in dieser engen Gemeinschaft Differenzen und Diskussionsbedarf. Aber sie waren einmütig. Committed auf die Gemeinsamkeiten. Auf die gemeinsame Vision. Auf den Wunsch des Zusammenlebens, des Teilens und des gemeinsam gelebten Glaubens.

Alte Traditionen neu belebt

Diese Einmütigkeit im Zusammenleben, die gelebte Spiritualität und der Wunsch, dass es auch in unserer hoch individualisierten und hoch ausdifferenzierten Welt Formen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens geben sollte, treiben heute noch viele Menschen an, ihren Alltag in Lebensgemeinschaften, Communitys, Stadt(teil)klöstern, Kommunen o.ä. zu gestalten. Nach dem Vorbild der ersten Christen, aber auch der keltischen Klostergemeinschaften, nach den Herrnhutern oder der 24-7-Prayer-Bewegung mit den sogenannten Boiler-Rooms, bauen die zusammenlebenden Singles, Paare und Familien mönchische Klostertraditionen in ihre Tagesstruktur ein: Gemeinsamer Morgenstart, Gebet vorm gemeinsamen Mittagessen oder ein geistlicher Abendabschluss. Brotbrechen, verbindliches Zusammenleben, soziales Engagement sind weitere Kennzeichen.

Kloster-Pioniere der Mixed Economy

Solche neuen monastischen Bewegungen entstehen inzwischen europaweit – vorzugsweise in Städten, aber auch in ländlicheren Regionen ist ein Aufbruch zu verzeichnen. Es ist ein Abenteuer. Es ist ein Wagnis. Es ist ein Sprung ins kalte Wasser. Aber so ist das eben mit Pionieren und neuen Ausdrucksformen von Gemeinschaft und Glauben. Es braucht diesen ersten Schritt, diesen einen Sprung.

Wie viele konkret diesen Schritt und diesen Sprung gewagt haben, ist schwer zu bilanzieren. Nicht alle organisieren sich in größeren Verbänden oder Gemeinschaften. Und viele organisieren sich über Konfessions- und Denominationsgrenzen hinweg. Manche sind ausgesandter Teil einer bestehenden Ortsgemeinde, manche sehen die Gemeinschaft selbst als geistliche Heimat, wieder andere nutzen Angebote umliegender Gemeinden oder engagieren sich zusätzlich in einer Kirchengemeinde. Die meisten sehen sich als Ergänzung zu den Kirchen vor Ort, nicht als Alternative oder als Konkurrenz. Mixed Economy as it’s best.

Neue monastische Vielfalt

Manche dieser neuen monastischen Gemeinschaften organisieren sich vor allem um ein gemeinsames Projekt herum: Entweder voll oder teilzeit engagieren sie sich im Sozialraum, sind als Gemeinschaft unternehmerisch tätig, indem sie ein Gästehaus o.ä. betreiben. Andere leben verbindlich als Gemeinschaft zusammen, gehen aber gänzlich unterschiedlichen „normalen“ Berufen nach. Und wieder andere leben noch nicht mal in der Nähe voneinander, sondern leben und gestalten als Gemeinschaft, die sich aufgrund bestimmter Überzeugungen, Lebensumstände oder vergangener Erlebnisse konstituiert hat, Wochenenden, Ferien und spirituelle Abende (Digitalität sei Dank). Sie leben in Plattenbauten, in Einfamilienhäusern in einem Wohngebiet, in Privathäusern, auf alten Gehöften, in urigen Bauernhäusern eines Dorfes rund um den Kirchturm, in ausgedienten Klöstern, Kasernen oder Schulen. Von Nord bis Süd. Von West bis Ost.

Hier wollen wir euch einen kleinen Überblick über die bestehenden Gemeinschaften geben – wohlwissend, dass dies nur eine mini Auswahl ist, die sich auch jeder Wertung entzieht.

Stadtkloster, Thun und Zürich

Stadtkloster Segen, Berlin

Polylux, Neubrandenburg

Senfkorn Stadtteilmission, Gotha

Kleikloster, Amsterdam

Manor House Community, Alte Gärtnerei, Steffisburg

Communauté de Saint-Loup

Simeons Herberge, Minden

The Blackfriars Community, London UK

The Community of the tree of Life, Leicaster UK

Christusträger Bruderschaft

24-7-Prayer Bewegung International

nebenan, Rügen

Wenn ihr weitere monastische Communitys kennt, erzählt uns gerne davon – oder teilt euer Wissen, eure Fragen und eure Erfahrungen in dem Hub „neue monastische Bewegungen“.

Autorin, Lektorin, Redakteurin von Beruf. Im Fresh X-Netzwerk und an der CVJM-Hochschule. Mitarbeitende, Mitdenkende, Mitgestaltende in Kirche. Suchende, Sehnende, Scheiternde, Fragende, Findende, Fordernde im Privaten.