Wie kam es zur Einrichtung der neuen Stabsstelle für Innovation und Transformation?
Felix Goldinger: Die Einrichtung der Stabsstelle ist Teil unserer strategischen Bemühungen, die Vision des Bistums Speyer zu verwirklichen: Also Kirche zu gestalten, die mitten im Leben der Menschen verankert ist und sie in allen Lebenslagen begleitet. Wir möchten Segensorte gestalten und Menschen in allen Lebenslagen erreichen. Ein Segensort ist ein Raum, in dem Menschen Gottes Zuspruch erfahren und sich gegenseitig unterstützen können und einander zum Segen werden. Solche Orte reichen von traditionellen Formen des Kirche-Seins (in Pfarreien und Gemeinden) über soziale Einrichtungen bis hin zu alltäglichen Treffpunkten wie Cafés oder Gemeindehäusern. Hier sollen Menschen in ihrer jeweiligen Lebenssituation Kraft und Hoffnung schöpfen können. Die Stabsstelle ist eingebettet in die Hauptabteilung I Seelsorge und hat den klaren Auftrag, Innovation und Transformation in sämtlichen pastoralen Handlungsfeldern voranzutreiben. Wir sind also ein neuer Querschnittsbereich, der sich mit anderen Abteilungen, der Caritas oder unserem synodalen Gremium vernetzen soll.
Grundsätzlich wollen gerade alle Kirchen und Bistümer Dinge verändern und transformieren. Warum ist der Weg, den das Bistum Speyer jetzt beschreitet, der richtige?
Wir sind überzeugt, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, der richtige für uns ist, weil er es uns ermöglicht, aktiv auf die vielfältigen gesellschaftlichen, sozialen und kirchlichen Veränderungsprozesse zu reagieren. Wir möchten als Bistum unserer Mission und Vision folgen und eine Kirche Gottes in dieser Zeit sein. Die Einrichtung der Stabsstelle ist ein wichtiger Schritt, um diese Ziele zu erreichen. Trotzdem können wir Innovation nicht einfach „machen“ und sind dem Ungewissen und der Möglichkeit des Scheiterns ausgesetzt. Aber nur so können wir dazulernen und als Bistumsgemeinschaft eine neue Kultur des Miteinanders prägen.
Was ist für euch eine Kirche Gottes in dieser Zeit?
„Kirche Gottes in dieser Zeit“ meint, dass wir als Kirche sein und werden wollen, die relevant und nah an den Lebenswelten der Menschen ist. Sie ist ein lebendiger und dynamischer Ort, der Menschen in ihrem Alltag begleitet, ihnen Halt gibt und ihnen ermöglicht, ihre Spiritualität zu vertiefen. Sie stellt sich den Herausforderungen der Gegenwart und geht auf die Bedürfnisse der Menschen ein, indem sie Räume schafft, in denen Gottes Gegenwart spürbar wird und Gemeinschaft wachsen kann.
Was sind konkret eure Aufgaben und die an euch herangetragenen Erwartungen?
Unsere Hauptaufgaben umfassen die Förderung und Begleitung von Entwicklungsprozessen in bestehenden Strukturen sowie die Unterstützung bei der Entstehung neuer Formen von Kirche, wie etwa missionarische Initiativen oder die Gründung von Personalgemeinden. Die Stabsstelle spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der strategischen Ziele des Bistums, die sich auf die Verkündung des Evangeliums, die Weiterentwicklung von Pastoral und Seelsorge, das Engagement in der Gesellschaft, den Schutz der Schöpfung, die ökumenische Zusammenarbeit und die Förderung der Teilhabe aller Getauften beziehen. Fürs erste sind wir damit beschäftigt zu kommunizieren und zu vernetzen. Intern denke ich an andere Abteilungen oder die Caritas, aber auch unser synodales Gremium. Natürlich suchen wir auch weiterhin die Vernetzung mit unseren ökumenischen Partner:innen. Die Vernetzung mit Initiativen und Einrichtungen außerhalb der Diözese ist aber auch ein wichtiger Punkt für uns. Netzwerke sind in der Tat die Zukunft der Kirche, da sie es ermöglichen, Wissen und Ressourcen zu teilen, Synergien zu nutzen und gemeinsam innovative Lösungen für die Herausforderungen der heutigen Zeit zu entwickeln. Nur in Nertzwerken können wir uns von unterschiedlichen Sichtweisen und Haltungen herausfordern lassen, treffen auf Menschen die uns im positiven Sinn „stören“ und unterbrechen.
Wie viel „Fresh X“ steckt in den Transformationsprozessen, die ihr begleitet?
Fresh X ist nicht nur eine wichtige Inspirationsquelle hinter diesem Prozess. Wir haben in den letzten Jahren als Diözese viel dazugelernt: auf Kundschafter:innen-Reise nach England oder in die Niederlande – und natürlich auch hier im Netzwerk. Für uns ist Fresh X eine Haltung, eine Bewegung und ein Ziel: Das was wir Segensorte nennen ist vielleichtunsere Übersetzung von „fresh expressions of church“. Wir fördern neue Formen von Kirche und sozialdiakonisch-missionale Initiativen, die außerhalb der traditionellen Pfarrei- und Gemeindestrukturen entstehen können. Diese neuen Formen sind entscheidend, um in der heutigen Zeit relevant zu bleiben und verschiedene Zielgruppen anzusprechen.
Habe ich das richtig verstanden, dass die Innovationsprojekte nicht immer von Kirchengemeinden ausgehen müssen, sondern auch von Büchereien o.ä. initiiert werden können? Wenn eine Bücherei also sagt, dass sie einen Bibel-Lese-Kreis anbietet, dann kann sie von euch begleitet werden? Oder wie ist das gedacht?
Ja, genau. Innovations- und Transformationsprozesse können von verschiedenen Akteuren angestoßen werden, sei es innerhalb der Pfarrei oder an anderen Orten wie Schulen, Büchereien oder Krankenhäusern. Wir wollen allen, die bereits aktiv sind zur Seite stehen – mit finanziellen mittlern, personellem Einsatz oder fachlichem Input. Darüber hinaus wollen wir auch Initiativen unterstützen, die ssich erst bilden und ganze neue und ungewohnte Wege gehen wollen.
Wovon träumst du für dein Bistum und deine Stelle? Was ist deine Vision?
Meine Vision ist es, dass das Bistum Speyer eine Kirche wird, die in der heutigen Zeit relevant ist und Menschen erreicht. Ich träume davon, dass wir Segensorte schaffen, die Menschen in ihrem Alltag begleiten und ihnen Halt geben. Ich möchte, dass unsere Innovations- und Transformationsprozesse dazu beitragen, dass die Kirche ein lebendiger und dynamischer Ort wird, an dem Menschen gerne zusammenkommen und Kraft für den Alltag sammeln können.
Vielen Dank für deine Antworten. Und Gottes Segen für eure Arbeit!