Er sitzt einfach da. Hat sich mitten in ihren Alltag gesetzt. Einen Alltag, der nicht vorsieht, dass er da sitzt.
Er sitzt da. Müde. Erschöpft. Das Haar klebt an der Stirn.
Die Mittagssonne steht senkrecht am Himmel.
Er sitzt an dem Brunnen, zu dem sie auch will.
Sie sieht ihn schon von Weitem mitten in ihrem Alltag sitzen.
Sie will doch nur schnell Wasser holen.
Routine.
Notwendige Routine.
Er hat sich mitten in die Routine gesetzt.
Und gerade, als sie noch überlegt, ob sie ihn einfach ignoriert, macht er es unmöglich:
„Gib mir etwas zu trinken.“
Da sitzt er also, mitten in ihrem Alltag, und bittet sie, diesen zu unterbrechen.
„Gib mir etwas zu trinken.“
Jesus am Küchentisch
Der Wecker klingelt, viel zu früh, aber die Arbeit ruft. Schnell geduscht, die Zähne geputzt, in der Küche noch mal eben den Kaffee anstellen.
Da sitzt er auf dem Küchenstuhl. Hat sich mitten in meinen Alltag gesetzt. Unterbricht die Routine.
„Gib mir etwas zu trinken.“
Jesus im Supermarkt
Noch schnell den Einkauf erledigen. Der Wagen schon randvoll. Eben noch Brokkoli und Tomaten holen, ab zur Kasse, schnell bezahlt und in den Kofferraum eingeladen.
Will grad den Zündschlüssel umdrehen, da sitzt er auf dem Beifahrersitz. Hat sich mitten in meinen Alltag gesetzt. Unterbricht die Routine.
„Gib mir etwas zu trinken.“
Jesus im Park
Mit den Kindern mal wieder zum Spielplatz. Das Wetter wunderbar, die Kinder rennen und toben, rutschen und schaukeln. Ein paar Minuten auf der Bank durchatmen. Da sitzt er. Hat sich mitten in meinen Alltag gesetzt. Unterbricht die Routine.
„Gib mir etwas zu trinken.“
Jesus im Meeting
Puh grad noch so pünktlich ins Zoom-Meeting geschliddert. Alle anderen schon da. Wow. Große Runde.
Da sitzt er. In einer der Kacheln in nem schicken Ohrensessel und winkt. Hat sich mitten in meinen Alltag gesetzt. Unterbricht die Routine.
Jesus am Brunnen
Das passt doch nicht!
Er ein Jude. Sie eine Samaritanerin. Er ein Mann. Sie eine Frau.
Nicht einfach nur eine Frau. Sondern die, die alleine zum Brunnen geht. Mittags um 12 – wenn es sonst niemand tut.
Sie – am Rand von allem, gehört nicht dazu. Ist es nicht wert.
Jesus im Alltag
Er Jesus. In meiner Küche. Auf dem Beifahrersitz. Auf der Bank am Spielplatz. In einer Kachel im Zoom.
Er besonders. Ich mitten im Alltag. Er hat Zeit. Ich bin doch grad auf dem Sprung.
Er taucht völlig ungeplant auf. Ich plane mir das für sonntagsmorgens ein. Oder Mittwochnachmittag.
Er da, wo ich eben gerade bin. In meiner Küche. Auf dem Beifahrersitz. Auf der Bank am Spielplatz. Im Zoom.
Ich vermute ihn in Kirche und Gemeindehaus, in Gruppen und Kreisen, zu festen Zeiten.
Wenn es mir gut passt.
„Gib mir etwas zu trinken.“
Jesus im Leben
Sie – sichtlich verwirrt: »Du bist ein Jude, und ich bin eine Samariterin. Wie kannst du mich um etwas zu trinken bitten?«
Er: Wenn du wüsstest, was für ein Geschenk Gott den Menschen macht und wer dich hier bittet: ›Gib mir etwas zu trinken‹! –dann würdest du ihn bitten, und er würde dir lebendiges Wasser geben!«
Sie legt den Krug weg. Setzt sich an den Küchentisch. Dreht den Zündschlüssel wieder zurück. Wendet sich ihm auf der Parkbank zu. Schreibt ihm im Zoom per Privat-Chat an.
Lebendiges Wasser!? Es geht um die Quelle. Um das, was Kraft gibt. Das Lebenselixier.
Und mittendrin, mitten im Alltag. Beginnt ein Gespräch der ganz anderen Art. Er kennt sie durch und durch. Spricht wunde Punkte und offene Fragen an. Sie scheint eine Menge Fragen in sich zu tragen. Über die großen Dinge. Über das, was wirklich wichtig ist.
Wie machen wir Platz für das Höchste im Leben?
Wo ist der Ort dafür?
Wann die Zeit?
Für Fragen über Gott und Geist und Wahrheit.
Über Lebendigkeit und die Fülle des Lebens.
Nicht mehr heilig und alltäglich, geistlich und weltlich, besonders und abgegrenzt.
Mittendrin ein heiliger Moment.
Jesus in der Gemeinschaft
Die Frau läuft los und holt die anderen.
Sie, die sonst nicht dazugehörte, kann nicht anders, als zu erzählen. Von dieser Begegnung und diesem Gespräch. Sie kann und will es nicht für sich behalten.
Die anderen kommen und hören für sich selbst. Am Ende sagen sie: „Wir glauben nicht wegen deiner Erzählung, sondern weil wir ihn selbst gehört haben. Jetzt wissen wir: Er ist wirklich der Retter der Welt.“
Mitten im Alltag Gottesbegegnung. Ohne Gebäude, ohne Veranstaltung, ohne Vorbereitungsteam. Ungeplant. Unverhofft. Vielleicht sogar zunächst ungelegen. Eine Unterbrechung, die zur eigenen Quelle und in die Gemeinschaft führt. Da wo wir sind. Mittendrin.
Er sitzt einfach da. Setzt sich mitten in den Alltag. Dieser Jesus.