inspiriert

Auf die Schuhe kommt es an

25. Mai

Eine Gemeinde, so bin ich sozialisiert worden, ist für alle da. Eine Aussage, die du bestimmt auch kennst.

„Für wen machen wir das eigentlich?” – „Für alle natürlich!”.

„Für alle“ ist die wohl am meisten genutzte Zielgruppendefinition für kirchliche Veranstaltungen. Dabei sollte klar sein, dass es genauso unmöglich ist etwas für alle anzubieten, wie ein Zimmer für alle einzurichten.

Fest verankert ist jedoch die Idee der Pastoraltheologie aus den 70er und 80er Jahren, dass sich um den Kirchturm das gesamte Leben abbilden soll. Höchstwahrscheinlich war man sich auch damals bewusst, dass man nicht alles für alle anbieten kann, aber dafür bot man vieles für viele an. Vom Kindergartengottesdienst hin zum Seniorenkreis, von der Bücherei hin zum Bibelzirkel, vom Gottesdienst bis zur Wallfahrt. Die Vielfalt war groß, weil das kirchliche Milieu auch noch eine größere Bandbreite umfasste.

Doch die Zeiten haben sich verändert und so auch die Sozialstrukturen der Gesellschaft. Es sind längst nicht mehr verschiedene Gruppen um den Kirchturm vertreten. In der Realität sind es meist die immer gleichen, die sich in den Aktionen und Angeboten zeigen. Gleichzeitig treffe ich immer wieder auf Verantwortliche, die meinen, dass mit ein bisschen Marketing, PR und besseren Angeboten, weiterhin auch neue Personenkreise wieder erschließen kann. Doch diese Haltung, dass man selbst noch alle erreichen könnte, blockiert die Zusammenarbeit auf Augenhöhe (zum Beispiel in der gerechten Verteilung von Kirchensteuermitteln) mit Initiativen, die dies schaffen.

Das klassisch, territoriale, kirchliche Angebote immer dieselben erreichen, kann man an den Schuhen sehen. Wenn Sie durch die Straßen einer x-beliebigen Stadt laufen und auf die Schuhe achten, dann werden sie an den meisten Füßen Sneaker von unterschiedlichen, meist den Namenhaften, Herstellern sehen. Dabei ist es fast irrelevant, ob die Person männlich, weiblich, divers, jung, alt, reich oder arm ist. Sneaker sind enorm verbreitet. Gehen Sie jetzt in eine x-beliebige kirchliche Veranstaltung und schauen Sie auf die Schuhe. Auf einmal sind die Sneaker in der Unterzahl, vielleicht sogar ganz verschwunden.

Und das schreibe ich nicht, weil ich denke, dass Sneaker mega bequeme Schuhe sind. Das erzähle ich, um dir ein plastisches Bild an die Hand zu geben, wenn du das nächste Mal um „für alle“ diskutieren musst. Denn die Einsicht, dass man nur einige erreicht, ist ein guter Anfang für die Kooperation mit Initiativen, die die anderen erreichen.