inspiriert

Die große Eröffnung: Jetzt geht’s los

27. Mai

Serie: Frische Kirche für morgen gestalten, Teil 9

In der letzten Folge haben wir darüber berichtet, dass der Weg des sozialen Co-Working-Spaces Frohet Schaffen nicht wie erhofft in die Gewerberäume eines Hochhauses in der südlichen Innenstadt Iserlohns führte, sondern in eine umgebaute Wohnung in einer ehemaligen Kaffeemühlenfabrik, knapp 300m entfernt vom eigentlichen Wunschobjekt. Seit Dezember wurden die Böden geschliffen, die Wände verputzt und gestrichen, Licht installiert, Tische und Stühle geschleppt und unzählige Kaffeebohnen gemahlen. Seit Februar treffen sich regelmäßig Co-Workende in den Räumen, berichten von ihren Projekten, trinken Kaffee zusammen, freuen sich an errungenen Erfolgen und diskutieren über städtische Entwicklungen. Im Meetingraum konnten schon diverse Gespräche, Konferenzen, Planungen – teilweise hybrid – abgehalten werden. Auf der agilen Fläche fanden Feiern, Schreibcafés und Stehimbisse statt. Das Team hat sich neu formiert. Seit Januar unterstützt Alex Breuker als Sozialarbeiter die Quartiersarbeit, eine Praktikantin hilft tatkräftig bei Aktionen und Veranstaltungen mit, Co-Workende engagieren sich und packen mit an und auch die Wegbereiter der ersten Stunde, wie die Politikerin und Architektin Eva Kirchhoff, stellvertretende Bürgermeisterin von Iserlohn, das Innovationsförderprogramm der Evangelischen Kirche von Westfalen, Teamgeist, sind wertschätzend und wohlwollend mit dabei. Das Erproben hat sehr konkrete Züge angenommen.

Der Fokus liegt auf dem Fokusraum. (Bild: Jakob Reign)

Deshalb wurde es Zeit, den Space nun auch offiziell zu eröffnen. The Grand Opening.

Mehr als 100 Leute folgten der Einladung von Jonte und seinem Team und versammelten sich am 25.5.23 nachmittags im Innenhof der alten Fabrik Kissing & Möllmann im Iserlohner Süden. Die Co-Workenden hatten kleine Stände aufgebaut, um sich und ihre Arbeit zu präsentieren. Darunter Jenny, die bei der Diakonie im Bereich Teilhabe und Wohnen arbeitet und anderen bei ihrer Tagesstruktur hilft. Vlad und Claudia stellten ihre Arbeit bei defakto dar: Ein Theaterprojekt mit jungen Müttern, die durch ein 12-monatiges Projekt neuen Selbstwert erfahren und für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden sollen. Lukas präsentierte als 2. Vorsitzender den Verein Lebenswert, der – aus der Kirche heraus entstanden – soziale Projekte und soziales Engagement in Iserlohn mit vielen verschiedenen Angeboten fördert, begleitet und unterstützt. Sabine präsentierte Henni, ihre Romanfigur, die aus der südlichen Innenstadt nicht wegzudenken ist und lud die Besucher:innen ein, selbst kreativ im Umgang mit Worten zu werden. Alex wollte von den Anwesenden wissen, welche Bedarfe sie im Quartier sehen und was sie sich fürs Quartier wünschen. Miriam präsentierte ihre Fotografien, die bereits seit März die Räume des Fokusraums ziere. Lisa, die die Angebote der Diakonie nutzt, um ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, unterstützt den Space als Servicekraft und buk unzählige Waffeln. Ein Tisch mit Malsachen und das Medienmobil des Lebenswert-Vereins, das VR-Brillen und eine Playstation im Angebot hatte, boten den Kindern Spaß und Abwechslung.

Im Hof lag zudem eine große Karte aus, auf dem die Anwesenden sich mit Knetfähnchen in der südlichen Innenstadt verorten konnten. Bunt und wild war am Ende des Nachmittags die Mischung der Menschen, die dort leben, arbeiten, sich engagieren.

Klar, zu einer Eröffnung gehören auch Reden. Die gabs. Kurz und knackig. Auf den Punkt.

Als Gastgeber startete Jonte natürlich: “Wenn ihr euch jemals gefragt habt, was Kirche für euch tut, wenn ihr euch jemals gefragt habt, was Kirche mit eurem Leben zu tun hat – hier findet ihr die Antwort!”

Auch die anderen Reden waren geprägt davon, dass hier gerade was Großes entsteht. Dass man in den Räumen nicht nur einen schicken Platz zum Arbeiten und nette Kontakte finden kann, sondern Wertschätzung. Gemeinschaft. Vision. Allen spürte man ab, wie stolz sie sind, Teil des Netzwerks zu sein, das entstanden ist, Teil des Projekts zu sein, Teil von etwas Neuem, Frischen, Sozialen zu sein. Man konnte es an dem warmen Funkeln in ihren Augen sehen, aus ihren wertschätzenden Worten hören. Aber es ging nicht nur ums Hören, sondern ums Erleben. Jede:r konnte sich die Räume des Co-Working-Spaces angucken, die verschiedenen Leckereien genießen, der Musik und den interessanten Gesprächspartnern lauschen und so wenigstens für einen Nachmittag Teil der Community sein.

Und damit verlassen wir Iserlohn. Verlassen Frohet Schaffen, die wir über neun Folgen hinweg begleitet haben. Sie haben ihren Weg gefunden. Von der Idee und Vision zur Eröffnung. Haben Niederlagen und Rückschläge weggesteckt. Etliche Anträge geschrieben, Fördermittel beantragt, Leute ins Team eingeführt und verabschiedet. Jonte Schlagner und sein Team haben in all dem gezeigt, was in ihnen, in der Idee und in Iserlohn als Standort steckt. Jetzt müssen sie sich selbst die Frage beantworten, die sie zu Beginn vor drei, vier Jahren gestellt haben: “Was, wenn es funktioniert?”

Autorin, Lektorin, Redakteurin von Beruf. Im Fresh X-Netzwerk und an der CVJM-Hochschule. Mitarbeitende, Mitdenkende, Mitgestaltende in Kirche. Suchende, Sehnende, Scheiternde, Fragende, Findende, Fordernde im Privaten.