inspiriert

Eine Reise voller Inspiration

Mittwoch

Als von Frühlingserwachen noch nicht viel zu sehen war, machte sich eine Gruppe aus 16 Personen aus Bayern und Österreich auf den Weg in die Niederlande. Wie geht dort Innovation im kirchlichen Kontext? - lautete die vorrangige Frage.

Fünf intensive Tage in den Niederlanden: Eine Gruppe von 16 engagierten Personen aus Bayern und Österreich machte sich auf den Weg, um innovative kirchliche Projekte und missionale Ansätze kennenzulernen. Die Teilnehmenden kamen aus dem Umfeld des Projekts „Erprobungsräume – Aus dem Evangelium leben“ der Evangelischen Kirche A/B sowie aus den Themenfeldern „Missionale Kirche“ und „MUT“ der ELKB. Das Ziel war es, zu verstehen, wie die Kirche in den Niederlanden auf die Herausforderungen einer zunehmend säkularen Gesellschaft reagiert, und wertvolle Impulse für die eigene Arbeit zu gewinnen.

Begegnungen mit Wissenschaft und Praxis

Ein zentraler Bestandteil der Reise waren Besuche an den theologischen Universitäten der protestantischen und reformierten Kirche in Utrecht. Dort wurden Gespräche mit Lehrenden und Forschenden geführt, die sich intensiv mit der Zukunft kirchlichen Lebens befassen. Als besonders inspirierend empfanden die Teilnehmenden die Begegnungen mit zahlreichen Kirchenpionieren, die ihre Erfahrungen und Perspektiven teilten. So erhielten sie wertvolle Einblicke in deren Arbeit und durften an Weiterbildungsprogrammen teilnehmen.

Pioniersplekken – lebendige Beispiele für eine Kirche im Wandel

Die Reise führte die Teilnehmenden auch zu sechs „Pioniersplekken“ in Rotterdam, Tilburg, Amsterdam und Utrecht, wo sie einer beeindruckenden Vielfalt an Initiativen und innovativen Gemeindearbeiten begegneten. Diese Orte zeigen, wie Kirche neu gedacht und gelebt wird – als eine Mischung aus traditionellem Glauben und neuen Ausdrucksformen christlicher Gemeinschaft. Ausgangspunkt für einen wertvollen Austausch zwischen der österreichischen und der bayerischen Bewegung, der unterschiedliche Perspektiven auf diese Entwicklungen ermöglichte.

Kirche in den Niederlanden: Herausforderungen und Chancen

Die Niederlande gelten als eines der am stärksten säkularisierten Länder Europas. Viele Kirchengebäude wurden verkauft oder umgenutzt, Klöster geschlossen, kirchliche Schulen und Krankenhäuser sind kaum noch existent. Laut Centraal Bureau voor de Statistiek (CBS) bekannten sich 2023 nur noch 17 % der Bevölkerung zum Katholizismus und 13 % zu protestantischen Kirchen. Die Gottesdienstbesuche sind ebenfalls rückläufig: Nur 13 % der Kirchenmitglieder nehmen mindestens einmal im Monat an einem Gottesdienst teil. Trotz dieser Zahlen erlebte die Gruppe aus Bayern und Österreich eine mutige und innovative Kirche, die sich neu erfindet.

Zentrale Erkenntnisse der Reise

  • Realistische Bestandsaufnahme
    Die Kirchen in den Niederlanden begegnen dem Mitgliederschwund mit Klarheit und Pragmatismus. Sie akzeptieren die Realität, vertrauen aber darauf, dass Gott weiter in der Gesellschaft wirkt.
  • Missio Dei – Gott ist bereits da
    Gott ist dort, wo wir hingehen. Statt zu fragen, wie das Christliche hineinkommt, suchen die Pioniere nach den Spuren Gottes und fügen sich in seinen Plan ein. Pim und Monique von VITA Tilburg sowie Lisbeth in Eltheto Amsterdam leben diesen Ansatz beispielhaft.
  • Mixed Economy – ein Mosaik der Vielfalt
    Traditionelle Gemeinden und Pioniersplekken existieren in einer wertschätzenden Koexistenz. Wo in Deutschland und Österreich oft Neid zwischen etablierten Kirchenstrukturen und innovativen Projekten besteht, begegneten uns in den Niederlanden pragmatische Akzeptanz und die Idee, dass Alt und Neu ein gemeinsames Mosaik der Kirche bilden. Freikirchen werden nicht als Konkurrenz betrachtet, sondern als gleichwertige Mitgestalterin christlicher Anliegen neben reformierter, protestantischer und katholischer Kirche.
  • Serving First Journey – gelebter Glaube
    Auch in den Niederlanden wird die Serving First Journey, die Michael Moynagh so treffend formuliert hat als Grundlage für missionales Handeln genutzt. Jedoch gibt es hier einen neuen sprachlichen Zugang, der uns inspiriert: Der Begriff „Exploring Discipleship“ wird nicht als „Jüngerschaft leben“ übersetzt, sondern als „geloven verkennen“ – Glauben entdecken. Diese offene Formulierung bietet Anknüpfungspunkte für eine kirchliche Praxis, die niederschwellig und einladend ist.
  • Geistlich inspiriertes und intentionales Vorgehen
    Pioniere arbeiten zielgerichtet, aber ohne Druck. Das Modell der konzentrischen Kreise prägt viele Pioniersplekken:
    • Kernkreis: Engagierte Nachfolger Christi.
    • Engagementkreis: Mitarbeitende aus unterschiedlichen Hintergründen.
    • Außenkreis: Menschen mit losen Verbindungen zur Gemeinde.
  • Zusammenspiel von universitärer Forschung und Praxis
    Theologie und Praxis sind eng verzahnt. Pioniersplekken werden nicht nur erforscht, sondern aktiv in die Lehre eingebunden. Auch Quereinsteiger bringen wertvolle Impulse in die kirchliche Arbeit ein.
  • Diakonische Elemente als Ausgangspunkt
    Alle besuchten Pioniersplekken haben eine starke diakonische Ausrichtung. Kirche wird als gestaltende Kraft in der Gesellschaft wahrgenommen, wo gelebte Nächstenliebe und Spiritualität Hand in Hand gehen.
  • Unternehmerische Kirche
    Von der Kirchenleitung bis zu den Pioniersplekken wird unternehmerisch gedacht. Fundraising und innovative Finanzierungsstrategien sind essenziell. Projekte wie „Geloven in Spangen“ setzen auf vielfältige Finanzierungsquellen für eine nachhaltige Arbeit.
  • Emotional gesunde und warmherzige Leitende
    Es herrschte eine Atmosphäre der Gastfreundschaft und Gelassenheit. Die Leitenden wirken nicht nur zuverlässig und kompetent, sondern auch ausgeglichen und gesund – frei von Hektik, Überlastung oder einer pessimistischen Grundhaltung. Stress und Erschöpfung scheinen hier keine bestimmenden Faktoren zu sein. Auf die Frage, wie das möglich ist, antwortet ein Kirchenpionier:
    „Ich bin seit 25 Jahren Pionier und möchte es auch bleiben. Deshalb achte ich auf meine Gesundheit und setze klare Grenzen – weil ich eine Berufung habe.“
  • Arbeiten in Teams
    In den Niederlanden stehen nicht Einzelpersonen im Mittelpunkt, sondern Teams. Die ICF Rotterdam zeigt, wie diverse Leitungsteams die Identifikation der Mitglieder stärken und Verantwortung breit verteilen.

Dieser Text entstand in Gemeinschaftsproduktion mit den Teilnehmenden der Reise in die Niederlande. Jele Mailänder war eine von ihnen. Der Artikel erschien zuerst im Newsletter von MUT, der am 12.05.25 verschickt wurde.