Auf geht’s zum Ausbildungswochenende nach Magdeburg und Stendal. Aber ohne mich – und dann irgendwie doch mit mir. Aber dazu gleich …
Ich kann nicht mit, aber aus Vaterglück: Zum zweiten Mal bin ich Papa geworden. Unser Neugeborenes ist noch so klein – da will und muss ich daheim sein. Und noch ein anderer Grund: Die Sondersynode meines Kirchenkreises steht an. Ein wichtiger Meilenstein im Transformationsprozess, den wir uns seit anderthalb Jahren auf die Fahnen schreiben und den ich versuche, mitzugestalten. Einen Thinktank zum Thema „Spirituelle und reale Räume träumen“ habe ich mitgeleitet und war Teil von zwei Arbeitsgruppen: Die eine hat ein Gottesdienstkonzept und die andere ein Konzept für Taufen, Trauungen und Trauerfeiern ausgearbeitet – und zwar jeweils für den ganzen Kirchenkreis. Viel Herzblut steckt da also von mir drin. Über beide Konzepte wird nun auf der Synode abgestimmt. Dafür komme ich sogar kurz aus der Elternzeit zurück. Weil ich mich auch nach Veränderung in unseren Arbeitsstrukturen sehne – und weil es auch darum geht, wie ich zukünftig arbeiten werde.
Leuchtfeuerkirchen und Profilgemeinden
Am Ende stimmt die Synode für unsere Vorschläge: Leuchtfeuerkirchen und Profilgemeinden könnten jetzt kommen – vielleicht eine Kinderkathedrale mit einer Rutsche von der Empore bis in den Kirchraum und Sandlandschaften für Wüstenbibelgeschichten, eine Kirche der Kontemplation ohne Kirchbänke für christliches Yoga und Taizé-Gottesdienste, eine Popkulturelle Kirche mit der besten Soundtechnik für Bands und Singer-Songwriter oder eine gotische Kirche mit Posaunenchor und klassischem Vokalensemble. Alle mit Ausstrahlung und Anziehungskraft übers eigene Viertel hinaus. Und irgendwann auch eine Segensagentur, die Tauffestivals im Freibad oder in einer Wakeboard-Anlage organisiert. Erst Taufe, dann Party. Alles Transformationen für Gemeinde vor Ort und Kirchenstrukturen in der Region.
Leuchtfeuer im Sturmwind des Alltags
Am Morgen nach der Synode wähle ich mich digital bei der Fortbildung ein. Alle Input-Sessions werden hybrid angeboten. Ich berichte kurz von unserem Zwischenerfolg im Transformationsprozess – und tauche dann mit ein in die Fragen des Vormittags: Was bedeutet es, dass nicht nur eine neue Initiative startet und sich Gemeinschaft und Bewegung vor Ort bilden, sondern dass Transformation in den Strukturen von Kirche als Organisation sichtbar wird? Genau die Fragen, die uns gestern auch auf der Synode bewegt haben. Und ich merke: Pionier zu sein, ist nicht nur die Frage nach der Berufung auf meinem Weg, sondern auch nach der Berufung von Kirche als Organisation: Welche Bilder sollen uns leiten, wenn wir über Kirche reden? Ich liebe die Metapher vom Leuchtfeuer, die wir entzünden, damit im Sturmwind des Alltags und der Finsternis des Lebens Menschen die gute Nachricht aufleuchtet, obwohl sie lange schon nicht mehr mit Kirche rechnen oder weil sie gerade nach Orientierung und Licht suchen.
Kirche als Mischwald
Wir sprechen in der Session aber auch über ein anderes Bild von Kirche – als Mischwald. Und auch das trifft den Kern: Dass wir nicht alle gleich sein müssen, sondern dass es verschiedene Formen von kirchlichem Leben nebeneinander und miteinander geben kann – die klassische Gemeinde vor Ort und das innovative Projekt, das erst einmal gar nicht nach Kirche aussieht, den Gemeindesaal und die Profilkirche, das Leben mit den Menschen im Viertel und die Arbeit, die den ganzen Kirchenkreis erreicht. Und dass wir dabei nicht nur in Konkurrenz um die knappen Ressourcen Licht und Wasser stehen, sondern uns im besten Fall symbiotisch verbinden. Das Bild vom Mischwald – es ist ein dynamisches Kreislaufgeschehen, das auch den Aspekt der Unverfügbarkeit enthält: Orkanschneisen, Borkenkäfer, Dürre oder Segensregen – all das ist nicht nur in unserer Hand. Und doch ist auch nicht alles Zufall. Wir können morsche Bäume roden (Exnovation) und umgekehrt neue Samen pflanzen (Innovation) – und den Wald so auch ein Stück mitgestalten. Wo die kirchliche Landschaft bisher Monokultur ist, kann sie leichter morsch werden. Der Mischwald schützt dagegen auch das Bestehende besser. Ich merke immer mehr: Es braucht Verschiedenes gleichberechtigt nebeneinander. Die Synode könnte ein Zeichen sein, dass wir als Kirchenkreis vielfältiger, bunter, symbiotischer werden – ein Mischwald eben, der seine Vielfalt feiert.
Stefan Zorn ist Pionier im Prozess, weil er Teilnehmer der Fresh X-Weiterbildung für Pionier*innen in Kirche: Mission: Gesellschaft an der CVJM-Hochschule ist. Die Langzeitfortbildung richtet sich an alle, die Kirche gestalten wollen – oder es schon tun, denen aber Grundlagenwissen über Fresh X oder Handwerkszeug für Ihr Wirken fehlt. Der nächste Kurs startet im Herbst 2025. Infos zu den Inhalten der Fortbildung und die Anmeldemöglichkeit gibt’s auf der Seite der CVJM-Hochschule.