Was ist Kirche?
Ein Gebäude? Eine Institution? Ein Gefühl? Ein Zustand? Vergangenheit? Gegenwart? Zukunft?
Was kennzeichnet Kirche?
Ist es der Raum; die typische Möblierung? Sind es die Jahrtausende alten Traditionen und Riten? Sind es die Personen; die Pfarrer:innen in Talaren, immer dieselben Gesichter, die man trifft? Ist es der sonntägliche Gottesdienst mit den vertrauten Liedern, den immergleichen Abläufen und den Routinen, die daraus erfolgen?
Woran erkennt man Kirche?
Am Gottesdienst? An der Sprache? An ihren Mitgliedern? An ihrem diakonischen Handeln? An ihrer Weltzugewandtheit oder Zeitgeistverweigerung?
Gemeinschaft statt Ort
In Vorbereitung auf diesen Artikel haben wir auch gefragt, was Kirche für euch ist. Und die mit Abstand am häufigsten genannte Antwort war: Gemeinschaft. Damit ist Kirche für euch weniger eine religiöse Institution, auch kein klassisches Gebäude mit Orgel, Altar und Holzbänken. Auch die theologische Dimension des Leib Christi, Kirche als Vermittlerin zwischen Glauben und Gnade, zwischen Gott und Mensch, wurde nur einige wenige Male genannt. Kirche als Trägerin sozialer Werke und Dienerin in diakonischen Bezügen spielte kaum eine Rolle.
Aber Gemeinschaft – Kirche als ein Ort des Zusammenkommens und Zusammenseins. Als spirituelle Dimension des Verbundenseins auch über Orts-, Landes- und Kulturgrenzen hinweg – die hat es euch angetan.
Und es ist auch irgendwie logisch, denn Gemeinschaft ist aus vielerlei Hinsicht gut und wichtig: Sie schafft Identität und Zugehörigkeit, hilft Menschen, ein Gefühl von Sicherheit und Selbstbewusstsein zu entwickeln. Sie bietet in Umbruchphasen des Lebens sozialen und emotionalen Support und kann dazu beitragen, seelisches Gleichgewicht und Wohlbefinden zu erlangen. Nicht zuletzt durch ehrenamtliches Engagement du Ressourcenteilung entsteht das Gefühl, ein wichtiger Teil der Gemeinschaft zu sein und zu ihrem Erhalt und Gelingen aktiv beitragen zu können. Auch weil Gemeinschaften häufig ein gemeinsames Ziel oder ähnliche Werte teilen, für die sie sich aktiv einsetzen. Dieses Engagement trägt ebenfalls dazu bei, dass man sich als selbstwirksam erlebt und stärkt zudem das Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl – wie auch der Austausch von Ideen, Perspektiven und Erfahrungen. Diese Multidimensionalität kann im Hinblick auf die Bewältigung der gegenwärtigen Krisen, aber auch bezüglich des eigenen Glaubenslebens Horizont erweiternd sein.
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Doch was unterscheidet eine kirchliche Gemeinschaft von einer Dorfgemeinschaft? Die oben genannten Punkte, die für eine starke Gemeinschaft sprechen, treffen ja nicht nur auf religiöse Gruppierungen zu, sondern auch auf den Sportverein, den Ortsverband einer Partei oder die freiwillige Feuerwehr. Und zunächst einmal spricht auch nichts dagegen, das Dorfgemeinschaftshaus, die Stadtteilhalle oder eben die Kirche gemeinsam mit anderen Institutionen, Werken oder Verbänden zu nutzen. Solange es den Bedürfnissen der nutzenden Gemeinschaften entspricht. Da benötigen religiöse Gruppen sicherlich etwas anderes als die Turngruppe. Inhaltlich ist es aber doch sehr ähnlich. Der persönliche und individuelle Einsatz eines jeden Einzelnen für ein übergeordnetes Ziel, eine Überzeugung oder bestimmte Werte. Der Austausch von persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen. Gemeinsam festgelegte und etablierte Rituale und Traditionen, die das Gefühl der Verbundenheit stärken. Die Überzeugung, gemeinsam mehr zu schaffen, mehr zu sein als allein. Durch etwas Höheres miteinander verbunden zu sein, auch wenn es im Alltäglichen durchaus Differenzen geben kann.
Und genau das ist ja auch die Glaubensüberzeugung, die wir miteinander Sonntag für Sonntag im Glaubensbekenntnis sprechen: „… Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige [(allgemeine) evangelische/katholische] Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.“
Insofern unterscheidet sich die Kirche vielleicht nur in wenigen Punkten von einer Dorfgemeinschaft, einem Sportverein oder der Ortsgruppe einer NGO. Aber das muss ja nicht schlimm sein. Es geht schließlich um die Gemeinschaft. Das Zusammensein. Die Verbundenheit der Gläubigen, um die gemeinsamen Glaubensüberzeugungen. Nicht um eine Institution. Nicht um einen Ort. Nicht um ein Gebäude. Es geht ums Wir. Ums Miteinander. Ums Füreinander.